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Das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) – Ein Überblick

Von Dipl.-Päd. Robert Lachner, Vorstandsreferent VBE NRW


Das unter dem Kürzel „KiBiz“ (Kinderbildungsgesetz) bekannte „Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern“ regelt die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege in Nordrhein-Westfalen (NRW). Dessen Novellierung wurde im November 2019 durch den Landtag beschlossen, um NRW zu einem besseren Land für Kinder und Familien zu machen. Hierzu investieren Land, Bund und Kommunen seit dem Kindergartenjahr 2020/2021 circa 1,3 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr in die Qualität der Kindertagesbetreuung.



Eckpunkte des Reformpakets

Die wichtigsten Änderungen des KiBiz umfassen folgende zehn Punkte (MKJFGFI, 2024):

  1. Bessere Rahmenbedingungen, mehr Qualität und Entlastung des Personals durch Finanzierung von mehr pädagogischen Kräften

    Eine auskömmliche Finanzierung der Kindertagesbetreuung wird seitens der Landesregierung zugesichert durch zusätzliche ca. 750 Millionen Euro pro Jahr. In allen Kindertageseinrichtungen soll mehr Personal beschäftigt werden können, um Fachkräfte zu entlasten und den Betreuungsschlüssel sowie die Qualität zu verbessern.

  2. Mehr Planungssicherheit für Träger und Personal durch Index für jährliche Refinanzierung der Kostensteigerungen

    Vor der Reform gab es jährlich eine starre Erhöhung, die den tatsächlichen Kostensteigerungen und Tariferhöhungen nicht gerecht wurde und als Ursache für die Finanzierungslücke ausgemacht wird. Auf Basis der tatsächlichen Kostenentwicklung wird nun ein Index für die jährliche Steigerung der Refinanzierung gebildet – eine starre Anpassung, die in der Vergangenheit nicht ausreichte, soll dadurch vermieden werden.

  3. Mehr Chancen durch erhöhte finanzielle Unterstützung für Familienzentren, plusKITAs und Sprachförderung

    Die jährlichen Zuschüsse pro Familienzentrum werden seit der Novellierung des KiBiz von 13.000 Euro bzw. 14.000 Euro auf 20.000 Euro erhöht. Darüber hinaus werden die finanziellen Mittel für die Sprachförderung und plusKITAs zusammengelegt und von 70 Millionen auf 100 Millionen Euro angehoben.

  4. Gesetzliche Verankerung/Absicherung von Leitungszeit

    Die Leitungszeiten werden erstmalig gesetzlich festgeschrieben (KiBiz § 29 Abs. 2): „Der Einrichtungsleitung stehen je Gruppe mindestens fünf Stunden Leitungszeit wöchentlich zur Verfügung. Bei einer regelmäßigen Betreuungszeit von 35 Stunden erhöht sich die Leitungszeit auf mindestens sieben Stunden und bei einer regelmäßigen Betreuungszeit von 45 Stunden auf mindestens neun Stunden je Gruppe.“

  5. Zuschüsse für Fachberatung

    Das Land bezuschusst die für die Qualitätssicherung und -entwicklung so wichtige Fachberatung mit 1.000 Euro pro Kindertageseinrichtung und 500 Euro je Kindertagespflegeperson.

  6. Förderung von Ausbildung und Qualifikation

    Die Jugendämter erhalten zur Weiterleitung an die praxisintegriert ausbildenden Träger einen Zuschuss von 8.000 Euro im ersten sowie 4.000 Euro im zweiten und dritten Ausbildungsjahr. Die Träger erhalten über das Jugendamt 4.000 Euro pro Praktikumsplatz für Schülerinnen und Schüler im letzten Jahr der „klassischen Ausbildung“, zudem wird die kompetenzorientierte Qualifizierung in der Kindertagespflege mit 2.000 Euro bezuschusst.

  7. Verbesserung der Kindertagespflege

    Durch die Erhöhung der Landeszuschüsse soll die Qualität der Kindertagespflege gestärkt und verbessert werden. Beispielsweise werden die Finanzierung von Vor- und Nachbereitungszeiten (statt lediglich der reinen Betreuungszeit) sowie die Fachberatung und Fortbildungsstunden unterstützt.

  8. Weiteres elternbeitragsfreies Jahr

    Familien mit Kleinkindern sollen zielgenau und spürbar entlastet werden. Die letzten zwei Jahre vor der Einschulung sind i. d. R. beitragsfrei, der jährliche Einnahmeausfall der Kommunen in Höhe von ca. 200 Millionen Euro wird ihnen erstattet.

  9. Platzausbaugarantie für jeden notwendigen Betreuungsplatz

    Jeder notwendige Betreuungsplatz für einen bedarfsgerechten Ausbau vor Ort soll bewilligt und investiv gefördert werden, dazu stehen jährlich mind. 115 Millionen Euro zur Verfügung.

  10. Finanzielle Unterstützung, wo Flexibilisierung der Betreuungsangebote notwendig ist

    Die Landesregierung möchte für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen. Durch verlängerte Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtungen oder etwa Zusatzangebote in der Kindertagespflege soll mehr Flexibilität in der Kindertagesbetreuung möglich sein. Außerdem werden Betreuungsmöglichkeiten zu besonderen Zeiten (bspw. an Wochenenden) unterstützt. Über die besonderen Betreuungsbedarfe vor Ort entscheiden die Kommunen, die zusammen mit dem Land die Flexibilisierung finanzieren (seit 2022: 100 Millionen Euro).




Forderungen für die nächste Revision

Vielen Expertinnen und Experten gingen und gehen die Maßnahmen nicht weit genug, sie hoffen nun auf eine Berücksichtigung ihrer Kritikpunkte im Rahmen der nächsten Revision des Gesetzes, die für das Jahr 2026 geplant ist. Die zentralen Forderungen lassen sich wie folgt bündeln (siehe etwa das Interview
mit Barbara Nolte und Doris Feldmann
, aber auch Deutscher Kitaverband, 2023, komba gewerkschaft, 2024 und Städtetag Nordrhein-Westfalen, 2022):

  • Wahrung des Fachkräftegebotes
  • Aufhebung der Finanzierung durch Kindpauschalen
  • Grundfinanzierung bei Erfüllung der Qualifikationsanforderungen
  • Ausweisung eines den Anforderungen entsprechenden Personalschlüssels
  • Anhebung der Verfügungszeiten
  • Absicherung von zusätzlichem Personal (u. a. hauswirtschaftliche Kräfte, Alltagshelfende)
  • Ausweitung der Zeitanteile für zusätzliche Aufgaben
  • Ausbau der Leitungsfreistellung
  • Leitungszeiten für stellvertretende Leitungen
  • Anhebung der Schließtage zugunsten von Fort- und Weiterbildungen
  • Stärkung der Fachberatung
  • Verschlankung des Re-Zertifizierungsprozesses von Familienzentren
  • Stärkung von Aus- und Weiterbildung, u. a. im Themenfeld „Inklusion“




Literatur

Deutscher Kitaverband (2023). First things first! Positionspapier des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen zur anstehenden Novelle des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz). Verfügbar unter: https://www.deutscher-kitaverband.de/wp-content/uploads/ 2023/11/231113_DKV_NRW_KiBiz_Reform.pdf [05.03.2024]

komba gewerkschaft (2024). Forderungen für die Novellierung des KiBiz. Positionspapier der komba gewerkschaft Nordrhein-Westfalen.
Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (2022). Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz) –
Sechstes Gesetz zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch.
Verfügbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=18135&vd_back=N894&sg=0&menu=1 [05.03.2024]

Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) (2024). Kinderbildungsgesetz NRW.
Verfügbar unter: https://www.mkjfgfi.nrw/kinderbildungsgesetz [05.03.2024]

Städtetag Nordrhein-Westfalen (2022). Anforderungen an ein neues Kinderbildungsgesetz: Positionspapier des Städtetages Nordrhein-Westfalen.
Verfügbar unter: https://www.staedtetag-nrw.de/files/nrw/docs/Publikationen/Weitere_Publikationen/positionspapier-kinderbildungsgesetz-nrw-2022.pdf
[05.03.2024]



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