an Gymnasium, Gesamtschule und Weiterbildungskolleg –
Durchführung der Verbändebeteiligung gem. § 77 Abs. 3 SchulG
Der VBE NRW nimmt zur Durchführung der Verbändeanhörung folgendermaßen Stellung:
Der VBE NRW hat eigentlich bei allen Stellungnahmen in der letzten Zeit kritisiert, dass die redaktionelle Aufbereitung der Änderungen nicht synoptisch nachvollziehbar ist.
Weiterhin fehlen nach wie vor Hinweise und Beispiele für die neuen Lehrpläne, welche häufig die Auslegung eines Lehrplans erst greifbar machen.
Wiederum sind Änderungen nicht sichtbar gemacht. Es fehlt eine Begründung der fachdidaktischen Schritte. Auf den Veranstaltungen zu neuen Lehrplänen betont das Ministerium sowie das Landesinstitut für Schule stets die große Wertschätzung und die Wichtigkeit der Rückmeldungen der Verbände bei beteiligungspflichtigen Maßnahmen nach § 77 Schulgesetz. Der VBE NRW stellt fest, dass diese Aussagen Worthülsen gleichen.
Eine Hervorhebung der Änderungen, in sämtlichen Beteiligungsverfahren auf Landes- und Bundesebene basaler und notwendiger Standard, wird verweigert.
Die Personen in den Verbänden, wie im VBE NRW, die vom Landesinstitut und vom Ministerium mit ihrer Expertise zu Verbändebeteiligungen aufgerufen sind, sind Lehrkräfte, die sich im Ehrenamt für das Bildungswesen engagieren. Dass diesen Menschen zugemutet wird, zunächst in vielen mühsamen Arbeitsstunden die Änderungen eigenhändig zu exzerpieren, ist aus Sicht des VBE NRW in keiner Weise wertschätzend und zeigt letztlich die Haltung beider verantwortlichen Behörden gegenüber der Verbändebeteiligung.
Der VBE NRW nimmt zu den Entwürfen der Kernlehrpläne für die Fächer Mathematik, Deutsch und Englisch Stellung:
Zum Kernlehrplanentwurf für das Fach Mathematik in der gymnasialen Oberstufe
Der VBE NRW bewertet die Änderungen in den allgemeinen Ausführungen zu den Aufgaben und Zielen des Faches als wesentlich zielführend. Die Auflistung der Kompetenzen auf den Seiten 14-19 wurde modernisiert, aber letztlich bleibt die inhaltliche Ebene doch bekannt.
Im Bereich der inhaltlichen Kompetenzen ab Seite 20 ist zunächst festzustellen, dass die Elemente der Analysis wie Wendepunkte und Krümmung nun wieder aufgenommen worden sind. Die zentralen Inhalte „Exponentialfunktionen“ und „trigonometrische Funktionen“ wurden gestrichen, werden aber in der vorherigen Jahrgangsstufe behandelt.
Die Verpflichtung zur Verwendung der lim-Schreibweise bei Grenzwerten bewertet der VBE NRW als positiv.
Im Bereich der analytischen Geometrie bemängelt der VBE NRW, dass die Fülle der Anforderungen zeitlich schwierig umzusetzen sein wird, weil in der EF häufig beispielsweise noch lineare und besonders quadratische Funktionen wiederholt werden müssen.
Bis zu den Lagebeziehungen von Geraden kommen zu müssen und noch im Laufe der EF ein neues digitales Werkzeug zu lernen, ist sehr ambitioniert, besonders, da ja auch lineare Gleichungssysteme thematisiert werden müssen, wenn es um die Lagebeziehungen geht. Wenn dies alles noch vor der zentralen Klausur in der EF im Unterricht behandelt werden soll, scheint dies kaum machbar zu sein. Auch so bleibt das Vorhaben in der EF jedoch sehr ambitioniert.
Im Bereich der Qualifikationsphase im Grundkursbereich ist die Analysis wesentlich gleichgeblieben.
Im Bereich der analytischen Geometrie wurde die Koordinatenform vom Ebenen und damit der Normalenvektor wieder etabliert, dies wird seitens des VBE NRW als sinnvoll erachtet. Auch die Winkelberechnungen wurden ergänzt. Insgesamt wurde hier der Kernlehrplan sinnvoll verschlankt, da Teile der Analytischen Geometrie in die EF abgewandert sind. Im Zweifelsfall müssten dann Unterrichtsinhalte aus der EF, die von einer (zu) hohen Quantität der Themen geprägt wird, dann nochmals in der Qualifikationsphase aufgenommen werden.
Letztlich wurde der Grundkurs insgesamt sogar minimal entschlackt, da Teile der Analytischen Geometrie in die EF gewandert sind.
Im Leistungskursbereich wurden Sinus- und Kosinusfunktion hinzugefügt und in der Stochastik folgt ein größerer Fokus auf Sigma-Regeln und Intervalle, dafür sind die Hypothesentests entfernt worden, was seitens des VBE NRW als sehr zielführend bemessen wird.
Gesamtfazit:
Da die Stochastik in die 10 gerutscht ist, wurden Teile der Analytischen Geometrie aus der Qualifikationsphase in die EF vorgezogen. Dafür sind kleinere Ergänzungen in der Qualifikationsphase vorgenommen worden. Die Quantität der Themen ist, für die gesamte Oberstufe betrachtet, akzeptabel, wobei die EF an sich etwas überladen scheint.
In der Gesamtschau ist festzustellen, dass die avisierten Änderungen im Grundsatz positiv sind.
Zum Kernlehrplanentwurf für das Fach Deutsch in der gymnasialen Oberstufe
Im Vergleich des Entwurfs des neuen KLP mit dem aktuell gültigen KLP fallen folgende allgemeine Gesichtspunkte auf: Die übergeordneten Kompetenzerwartungen, die für die EF und die Q1 und Q2 gelten, sind im Entwurf des neuen KLP deutlich ausführlicher und präziser formuliert als im aktuell gültigen KLP. Die vier Inhaltsfelder und die Kompetenzorientierung haben sich nicht geändert. Die Unterteilung in Rezeption und Produktion bleibt, wobei der Bereich Rezeption nun einen deutlich größeren Umfang hat als der Bereich Produktion. Dies stellt eine Trendwende dar, die den kreativ-ganzheitlichen Umgang mit Literatur eher in den Hintergrund rückt, was aus Sicht des VBE NRW zu bedauern ist.
In der Einführungsphase gibt es nun bei den Inhaltsfeldern leichte Verschiebungen und Präzisierungen, im Bereich Sprache ist ein stärkerer Gegenwartsbezug erkennbar. Bei den Texten ist im neuen Lehrplanentwurf auf Seite 16 von „digitalen Werkzeugen“ und „Materialdossiers“ die Rede. Dass sich die Bedeutung des Digitalen in den letzten Jahren erhöht hat, ist unbestritten und eine Anpassung wirkt somit sinnvoll. Im Bereich Kommunikation gibt es kaum Änderungen. Bei den Medien bildet ein Schwerpunkt die Prüfung von Geltungsansprüchen von Medien (vgl. S. 18, KLP-Entwurf). Dieser Punkt fand sich so nicht im aktuell gültigen KLP und ist der wachsenden Bedeutung der (sozialen) Medien geschuldet. Auch diese Anpassung begrüßt der VBE NRW.
Bei der Analyse der Qualifikationsphase lässt sich Ähnliches feststellen, wie bei der EF. Die übergeordneten Kompetenzerwartungen sind deutlich umfangreicher als beim aktuell gültigen KLP. Das Gewicht verschiebt sich zugunsten der Rezeption.
Beim Grundkurs wird das Thema „Spracherwerb“ durch das Thema „Sprache/ Denken/Wirklichkeit“ ersetzt, was einen deutlich höheren Abstraktionsgrad impliziert und aus Sicht des VBE NRW den Grundkurs überfrachtet.
Lyrische Texte müssen nun nicht mehr aus einem Themengebiet sein, was aus Sicht der Lehrkräfte immerhin zu größeren Freiräumen führt.
Im Bereich Kommunikation sind die digitalen Kontexte (vgl. S. 22, KLP-Entwurf) neu. Bei den Medien wird auf die Prüfung der Geltungsansprüche hingewiesen (vgl. S. 23, KLP-Entwurf). Auch das ist zweifellos sinnvoll. Insgesamt zeigt sich jedoch die Problematik, dass das Inhaltsfeld Medien im Vergleich zum aktuell gültigen KLP an Bedeutung
gewinnt, aber an keiner Stelle gekürzt wurde. Bei der Zeitknappheit, die im GK herrscht, ist das nicht nachzuvollziehen und setzt alle Beteiligten unter großen Stress. Hier sind dringend Erleichterungen bzw. Streichungen notwendig. Der steigende Anspruch wird auch daran deutlich, dass die übergeordneten Kompetenzerwartungen deutlich umfangreicher geworden sind.
Beim Leistungskurs ergibt sich ein anderes Bild, weil die Wochenstundenzahl bekanntlich um zwei Stunden erhöht ist. Im Inhaltsfeld Sprache gibt es keine Änderungen; hier sind die Kompetenzerwartungen aber deutlich ausführlicher als im aktuell gültigen KLP. Beim Inhaltsfeld Texte wird die Rezeption erweitert und die Produktion gekürzt. Beim Inhaltsfeld Kommunikation findet sich der Begriff „digitale Kontexte“ (S. 28, KLP-Entwurf) zum ersten Mal. Interessanterweise ist das Thema „Spracherwerb“ nicht gestrichen worden. Der VBE NRW gewinnt den Eindruck, dass beim Leistungskurs mehr aus
dem aktuell gültigen KLP übernommen wurde als beim Grundkurs.
Die Kapitel „Lernerfolgsüberprüfungen/Leistungsüberprüfungen“ sowie die Ausführungen zu den schriftlichen und mündlichen Abiturprüfungen sind zum Teil wörtlich aus dem aktuell gültigen KLP übernommen. Eine wichtige Änderung gibt es bei der Terminologie: Bei literarischen Texten wird der Begriff „Interpretation“ gebraucht. Der Terminus „Analyse“ bezieht sich auf pragmatische Texte, die früher Sachtexte hießen. Das materialgestützte Verfassen eines Textes wird in informierende und argumentierende
Texte differenziert. Am Ende des Entwurfs des KLP gibt es einen sehr sinnvollen Hinweis zu den mündlichen Abiturprüfungen (vgl. S. 37 KLP-Entwurf), die man nicht mit einer schriftlichen Abiturprüfung verwechseln darf. Der KLP-Entwurf endet mit der „Besonderen Lernleistung“. Der Anhang „Progressionstabelle zu den übergeordneten Kompetenzerwartungen“, mit dem der aktuell gültige KLP abschließt, fehlt.
Es gibt nun insgesamt acht Aufgabentypen im schriftlichen Abitur, ein weiterer wurde ergänzt. Das sind aus Sicht des VBE NRW zu viele. Generell ist die Frage zu stellen, wie Kompetenzorientierung, eine Vielzahl neuer Inhalte und Aufgabentypen zusammenpassen. Zudem ist das Üben aller Aufgabentypen kaum möglich, insbesondere im Grundkurs. Letztlich leidet so die Kompetenzorientierung, deren Beförderung Freiräume und damit auch Zeit braucht.
Im Sinne einer Kompetenzorientierung müssen die inhaltlichen Vorgaben und Aufgabentypen unbedingt entschlackt werden. Dies gilt auch für die EF, denn hier müssen wichtige Grundlagen für die Q1/Q2 geschaffen werden.
Zum Kernlehrplanentwurf für das Fach Englisch in der gymnasialen Oberstufe
In den allgemeineren Bereichen der Aufgaben und Ziele des Faches finden sich primär eher redaktionelle Anpassungen, so wird beispielsweise der Begriff „diversitätssensible Perspektive“ genutzt, wo vorher auf „geschlechterdifferenzierte“ Aspekte abgehoben wird. Letztlich bleibt der Grundaufbau des Lehrplans gleich. Stärker betont wird auf Seite 9 hingegen, dass die Aufgabe wesentlich darin besteht, „gegebene Freiräume schul- und lerngruppenbezogen auszugestalten“.
Dies ist aus Sicht des VBE NRW angesichts der Fülle der Vorhaben, die sich nun auch noch in weiteren Konkretisierungen und zusätzlichen Vorgaben abbilden, herausfordernd. Denn schließlich kommen Aspekte der Digitalisierung stärker hinzu, beispielsweise in der Zusammenarbeit auf digitalen Plattformen zu Texterstellung oder der kritischen Betrachtung von digitalen Übersetzungsanwendungen auf der Ebene der fachlichen Konkretisierungen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die aufgeführten Module im Bereich der fachlichen Konkretisierungen, etwa im Grundkurs, eine sehr weitreichende – fast überfrachtende – Sammlung von Formaten enthalten.
Trotzdem lässt sich hier eine gewisse Modernisierung feststellen, indem zum Beispiel auf Hörbücher oder Podcasts explizit eingegangen wird. Allerdings wird auf dieser Ebene etwa die digitale Kollaboration bei der Texterstellung, wie im Vorfeld gefordert, nicht näher ausgeführt. Dies wäre jedoch wünschenswert, da die Text- und Medienkompetenz, hier am Beispiel des Grundkursniveaus, auch produktionsorientiert angelegt ist. Ergo müssten die Produktionsbedingungen digitaler Formate einfließen, da diese ja auch rezeptiv erschlossen werden sollen – im Bereich der Sprachlernkompetenz findet sich diese Verwobenheit bereits in sehr zielführender Form.
Insgesamt stellt der VBE NRW fest, dass die Querschnittsaufgaben nicht zuletzt durch die fachlichen Konkretisierungen im Vergleich zu anderen Lehrplänen gewissenhaft einbezogen werden – was sich u.a. bei den Anforderungen für die interkulturell-kommunikativen Kompetenzen zeitigt.
Auch die Änderungen in der Leistungsbewertung, wie die Zuordnungen der Teilkompetenzen im schriftlichen Bereich, scheinen zielführend zu sein, sodass der VBE NRW insgesamt einen positiven Gesamteindruck der avisierten Lehrplanreform hat.
Anne Deimel
Landesvorsitzende VBE NRW