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Start des Schuljahres 2025/2026: Dauerbaustelle Schule



21.08.2025

Die jüngsten Veröffentlichungen zum Schulkompass NRW 2030 der Landesregierung zeigen deutlich, dass die Schulen seit Jahren eine Dauerbaustelle sind. Die Landesregierung beginnt nun mit den Baumaßnahmen in Form von Lernstandserhebungen, Schülerfeedback, Aufbereitung von Daten und Zielvereinbarungen zwischen Schulleitungen und Schulaufsicht.

Die große Problematik der Schulen – und damit auch der Kolleginnen und Kollegen – liegt in einer anhaltenden Be- und Überlastung. Diese wird unter anderem durch eine permanente Mangelverwaltung, zu viele unterschiedliche Aufgabenbereiche und zu große Klassen verursacht.

Zum Start des Schuljahres 2025/2026 stellt der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Stefan Behlau fest: „Die Situation der Schulen in NRW gleicht einer Dauerbaustelle. Ständige Nutzungs- und Gesetzesänderungen sowie neue Vorgaben der drei Bauherren – Bund, Land und Kommunen – führen dazu, dass laufend an der Bausubstanz gefeilt oder Erweiterungen begonnen werden, bevor die vorherigen Projekte abgeschlossen sind. Was seit Jahren repariert werden müsste, bleibt liegen: Die Fundamente – Personal, Räume, Ausstattung – sind brüchig, das Werkzeug ist nicht auf dem neuesten Stand oder wird nicht angeschafft. Ein Bauplan mag vorhanden sein, aber die Umsetzung stockt.“

Personalmangel, marode Gebäude, Digitalisierung, Gesundheitsschutz, Ganztag und Besoldung sind zu Dauerbaustellen geworden.

„Zu lange wurden kurzfristige Lösungen gesucht – statt tragfähiger Strukturen zu schaffen. Wir reden hier nicht über kleine Schönheitsreparaturen“, stellt Stefan Behlau, Landesvorsitzender des VBE, klar.

Personalmangel: Kein Betrieb ohne Fachkräfte

Laut Schulministerium NRW bleiben rund 7.000 Stellen in den Schulen unbesetzt (Stand: Juni 2025). Der Lehrkräftemangel ist zur Normalität geworden – mit weitreichenden Folgen. Unterricht fällt aus, die Stundentafel kann oftmals nicht oder nur minimal erfüllt werden.

„Starke Bildung braucht starke Menschen. Ohne ausreichend Fachkräfte kann kein tragfähiges Gebäude entstehen. Es stimmt, dass mehr Menschen im System sind, jedoch sind die Anforderungen auch gestiegen. Die Schulen vor Ort merken von einer Entlastung noch nichts“, sagt Stefan Behlau, Vorsitzender des VBE NRW.

Der VBE NRW fordert nachhaltige Personalgewinnung mit verlässlicher Planung und multiprofessionelle Teams an allen Schulformen, die professionsspezifisch eingesetzt werden. Nur so können die Herausforderungen, wie beispielsweise der Umgang mit einer immer größer werdenden Heterogenität der Schülerinnen und Schüler und der daraus resultierenden Notwendigkeit von mehr individueller Förderung gemeistert werden.

Gebäude: Fällige Baumaßnahmen und zu wenige Räume

Viele Schulgebäude sind nicht auf heutige Anforderungen ausgerichtet. In vielen Schulen fehlt in den Räumlichkeiten ein ausreichender Hitzeschutz, Photovoltaikanlagen auf den Schuldächern zur ressourcenschonenden Energiegewinnung existieren nur vereinzelt. 46 Prozent der Schulen in NRW sind nicht barrierefrei. Die Schulen und Klassenräume sind zu klein, Differenzierungsräume fehlen – und damit wichtige Voraussetzungen für Inklusion und individuelle Förderung.

„Wir brauchen Bildungsorte, keine Provisorien. Wer moderne Bildung will, muss auch modern bauen“, erklärt Stefan Behlau.

Der VBE NRW fordert zukunftsfähige Schulgebäude, die nachhaltig, inklusiv und lernförderlich konzipiert und gebaut sind – Orte, an denen sich alle gerne aufhalten.

Digitalisierung: Ohne Werkzeug kein Fortschritt

Noch immer fehlen in den Schulen digitale Endgeräte oder die vorhandenen können nicht genutzt werden, weil flächendeckendes W-Lan fehlt und personeller Support nicht vorhanden ist. Diskussionen über Handyverbote und die Auswirkungen der sozialen Medien werden plakativ geführt, ohne die Grundlagen für eine nachhaltige Medienerziehung in den Schulen ernsthaft in den Blick zu nehmen. Die Beschäftigten wünschen sich mehr qualitativ hochwertige Fortbildungen, beispielsweise zum Umgang mit den sozialen Medien und zum Einsatz von künstlicher Intelligenz im Unterricht.

Digitale Bildung und Medienkompetenz brauchen nicht nur ausreichend Geräte, sie brauchen technischen Support und Wartung, aber vor allem Menschen, die über die notwendigen fachlichen Kenntnisse verfügen und sich inhaltlich und technisch kümmern“, fordert Behlau.


Gesundheitsschutz: Echte Hilfe statt Pflaster

Politik und Gesellschaft erheben den Anspruch, dass Schule stets schnell alle gesellschaftlichen Probleme lösen und auf Krisen angemessen reagieren soll – eine große Belastung für die Kolleginnen und Kollegen. Neue Aufgaben und Erwartungen an Schule kommen hinzu, jedoch fällt keine vorhandene Aufgabe weg. Mehr Aufgaben erfordern zusätzliche Ressourcen. Diese werden allerdings nicht bereitgestellt.

„Wir können nur so viel leisten, wie wir sind! Arbeiten am Limit hat spürbare Konsequenzen auf das gesamt schulische Leben“, erklärt Behlau.

Der VBE NRW fordert kleinere Klassen, gezielte Entlastung und Gesundheitsförderung – etwa durch Raum für Beziehungsarbeit und stabile Strukturen.

Immer noch gibt es im Arbeitsfeld keine strukturell grundgelegten Supervisions- oder Resilienzangebote.


Ganztag: Bildung statt Betreuung           

52 Prozent der Grundschulen in NRW geben an, dass es an Personal und Räumen fehlt, um den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz ab 2026 umzusetzen.

„Mehr Chancengerechtigkeit durch gute Ganztagsbildung – diese Chance wird in NRW zurzeit nicht wahrgenommen. Die Landesregierung setzt auf Ganztagsbetreuung. Gebundener Ganztag wird noch nicht einmal den Schulen ermöglicht, die diesen auf freiwilliger Basis einrichten möchten“,erklärt Stefan Behlau.

Der VBE fordert einen Ganztag mit pädagogischem Anspruch, und keine bloße Betreuung. Dafür braucht es dringend mehr Raum und Personal.


Besoldung: Koalitionsvertrag umsetzen  

Nahezu alle Schulleitungen in NRW wünschen sich mehr Leitungszeit (99 Prozent) und Anrechnungsstunden für das Kollegium (97 Prozent), dies zeigte die letztjährige Schulleitungsumfrage des VBE NRW.

Ob Fachleitungen in der Lehrkräfteausbildung, Schulleitungen oder Beförderungsämter sowie weitere pädagogische Fachkräfte – gerechte Bezahlung lässt auf sich warten. Der VBE NRW erinnert an den Koalitionsvertrag, der die Umsetzung beinhaltet.

„Es geht in dieser Frage nicht allein um die Gerechtigkeit in der Bezahlung und die Gewinnung von mehr Menschen für das Arbeitsfeld Schule, sondern auch darum, die bestehenden Fachkräfte zu halten. Wenn die Bezahlungsfrage beispielsweise im Bereich der Konrektorinnen und Konrektoren bis 2026 nicht geregelt wird, sehen wir eine große Welle der Entpflichtungen gerade auf die kleinen Schulen zukommen. Fatal in der jetzigen Situation“, mahnt Behlau.


Schulstruktur bleibt Baustelle

Der VBE NRW sieht in der Einführung eines Hauptschulbildungsgangs an Realschulen ab Klasse 5 keine zukunftsfähige Lösung – vielmehr zeigt diese Konstruktion, dass der ganzheitliche Blick auf die Schullandschaft und insbesondere die Sekundarstufe I fehlt.

„Der Hauptschulbildungsgang an den Realschulen erscheint wie eine Sparlösung, denn die Bedingungen an den Realschulen werden nicht verbessert. Die Realschulen haben weiterhin zu große Klassen, weisen – nach den Grundschulen – die schlechteste Relation von Schülern je Stelle auf und tragen nach wie vor eine zu hohe Unterrichts­verpflichtung von 28 Wochenstunden. Hier besteht schneller Handlungsbedarf“, kritisiert Stefan Behlau.

Er ergänzt: „Abgesehen von einem bedenklichen Blick auf die Erprobungsstufe müssen endlich angemessene Entlastungen bei den Kolleginnen und Kollegen der betroffenen Schulen ankommen. Das fängt bei den Klassengrößen an und hört bei den Stundendeputaten nicht auf.“


Dauerbaustellen schließen

Stefan Behlau erklärt abschließend: „Gute Bildung braucht ein tragfähiges Fundament. Ohne Personal, Raum, Zeit und Wertschätzung bröckelt es, entstehen Risse in Form von Unterrichtsausfall durch Erkrankungen und Überlastung. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort leisten stets ihr Bestes, um die Lücken zu füllen. Ohne ihren engagierten Einsatz, wären die Dauerbaustellen für alle noch spürbarer. Sie verdienen bessere Arbeitsbedingungen. Zum Fundament gehört der Beginn der Bildungslaufbahn der Schülerinnen und Schüler. Wer meint, dass Kindern und Jugendlichen allein durch zusätzliche Lernstandserhebungen bessere Lern- und Leistungsentwicklungen ermöglicht werden können, der irrt. Bessere Leistungen können dann erzielt werden, wenn qualifizierter Unterricht in kleinen Lerngruppen regelmäßig stattfindet und die Schulen so aufgestellt sind, dass sie in der Lage sind, alle Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrer Bedarfe zielgerichtet zu fördern und zu fordern.“



Weiterführende Informationen:

forsa-Schulleitungsumfrage (November 2024)

forsa-Umfrage zur Inklusion an Schulen (Juni 2025)

VBE-Pressemitteilung zum Schulkompass (Juli 2025)





Starke Bildung. Starke Menschen.

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