Anhörung zur Ausbildungsordnung Grundschule (28.02.2025)
Der Verband Bildung und Erziehung NRW (VBE NRW) nimmt die geplanten Änderungen der Ausbildungsordnung Grundschule (AO-GS) mit großer Besorgnis zur Kenntnis. Anlässlich der Anhörung des Ausschusses für Schule und Bildung am 28. Januar 2025 weist der VBE daraufhin, dass die vorgesehenen Anpassungen der aktuellen Situation in den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen nicht gerecht und zu weiteren Belastungen der Beschäftigten in den Grundschulen führen wird.
Der VBE NRW fordert die Landesregierung auf, den vorliegenden Entwurf grundlegend zu überarbeiten und die Bedürfnisse der Kinder und Schulen in den Mittelpunkt zu stellen. Der in der Stundentafel grundgelegte Förderunterricht, der allen Kindern eine Lernzeit in einer kleineren Lerngruppe ermöglicht, darf nicht dem Rotstift zum Opfer fallen. Dieser Unterricht ist bislang ein zentrales Instrument zur Unterstützung von Kindern mit Lernschwierigkeiten sowie von Kindern mit besonderen Fähigkeiten und Interessen.
„Kinder brauchen für ihren Bildungserfolg neben fachlichem Unterricht im Klassenverband vor allem Zeit, individuelle Förderung und vertrauensvolle Beziehungen zu Lehrkräften. Ein einziges Mal in der Woche ist es möglich, dass Lehrkräfte Kinder in einer kleineren Lerngruppe fördern, sowohl in ihren Schwächen als auch in ihren Stärken“, erklärt Anne Deimel, VBE-Landesvorsitzende, und ergänzt: „Diese Stunde kann an einigen Schulen in NRW aufgrund des Personalmangels aktuell nicht durchgeführt werden, obwohl sie so wichtig ist. Wer meint, dass es ausreicht, dass Kinder in Grundschulklassen ausschließlich in individueller Förderung im Klassenverband in ihrer Lern- und Leistungsentwicklung vorangebracht werden, der hat noch nicht allein eine gesamte Klasse unterrichtet und sich innerlich vom viel beschworenen Ziel der Schaffung von Chancengerechtigkeit verabschiedet.“
Individuelle Förderung wird geschwächt
Der aktuelle Entwurf zur AO-GS bietet neben der individuellen Förderung im Klassenverband weiterhin die Möglichkeit in äußerer Differenzierung, die jedoch nur wenigen Kindern zugutekommt. Denn diese Förderung findet in der Regel parallel zum Klassenunterricht statt. „Wenn Kinder parallel zum Unterricht gefördert werden, bedeutet das, dass für diese Kinder sowohl Lehrkräfte vorhanden sein müssen als auch die entsprechenden Räumlichkeiten. Das ist an den meisten Grundschulen in NRW jedoch nicht der Fall. Ohne ausreichende personelle und räumliche Ressourcen, wie sie für die im Entwurf vorgesehene äußere Differenzierung erforderlich wären, ist deren Umsetzung in den meisten Fällen realitätsfern“, kritisiert Anne Deimel, Landesvorsitzende des VBE deutlich.
Rückschritt durch die Trennung der Fächer
„Die Umstellung auf einen rein fachbezogenen Unterricht, wie sie durch die Änderung der Stundentafel in den Planungen grundgelegt wird, bedeutet einen Rückschritt für einen zeitgemäßen Grundschulunterricht. Die Grundschulen bräuchten einen größeren Gestaltungsspielraum, keine Begrenzung“, so Deimel.
Der VBE NRW sieht darin eine verpasste Chance, den Anforderungen einer zeitgemäßen, ganzheitlichen Bildung gerecht zu werden.
Die Grundschulen bräuchten einen größeren Gestaltungsspielraum, keine Begrenzung.
Widerspruch zur Beschlusslage der Kultusministerkonferenz
Die Änderungsvorschläge sind aus Sicht des VBE NRW im Hinblick auf die aktuelle Beschlusslage der Kultusministerkonferenz (KMK) nicht notwendig. Diese bezieht die Bedeutung ganzheitlicher und projektorientierter Lernformate zur Förderung sprachlicher und mathematischer Kompetenzen in die Berechnung der wöchentlichen Stundenanzahl für die Fächer Deutsch, Mathematik und Sachunterricht mit ein. – Demzufolge entspricht die aktuelle Stundentafel den Forderungen der KMK.
Mehrsprachigkeit und Demokratiebildung vernachlässigt
Darüber hinaus kritisiert der VBE NRW, dass der Entwurf wichtige Aspekte wie die Förderung von Mehrsprachigkeit und die institutionelle Verankerung partizipativer Gremien wie Klassenräte und Schülerparlamente unberücksichtigt lässt. „Wenn die Ausbildungsordnung Grundschule geändert wird, dann muss sie in der heutigen Zeit zusätzlich Bereiche wie beispielsweise Demokratieförderung, Partizipation, Selbstwirksamkeitserfahrungen rechtlich grundlegen. Um unseren Kindern zu ermöglichen, starke Persönlichkeiten und mündige Bürgerinnen und Bürger in einer heterogenen Gesellschaft zu werden, sollten diese Elemente stärker in den Fokus rücken“, fordert Anne Deimel.
Keine Entlastung der Schulen in Sicht
Die Landesregierung hatte den Schulen Ruhe und Entlastung versprochen. Dem stünden die geplanten Änderungen jedoch im Weg, erläutert die Landesvorsitzende des VBE: „Mit den geplanten Änderungen wird das Gegenteil erreicht. Die Schulleitungen stehen vor der Herausforderung, die Neuerungen gegenüber Eltern und Kollegien zu erklären und umzusetzen, während gleichzeitig die Arbeitsbelastung weiter steigt.“
Die Stellungnahme des VBE NRW anlässlich der Anhörung lesen Sie hier.
Zur Tagesordnung der Anhörung gelangen Sie hier.
Starke Bildung. Starke Menschen.