Doppelerlass statt Ausführungsgesetz (02.07.2024)
Die Landesregierung hat verkündet, dass es zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz ab 2026, aufsteigend ab der Klasse 1, lediglich einen Doppelerlass der beiden Ministerien MSB und MKJFGFI geben wird. Das wurde so heute im Kabinett beschlossen. Dazu Anne Deimel, Landesvorsitzende VBE NRW:
Insgesamt stimmt es unfassbar traurig, dass sich die Hoffnung auf die Chancen, die sich durch den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in NRW aufgetan haben, nun auflöst. Die notwendigen Ganztagsplätze werden finanziert und Kinder werden den ganzen Tag im Schulgebäude sein. Sie werden die vorgeschriebene Zeit betreut werden. Alle Beteiligten werden ihr Bestes geben. Jedoch wird es absehbar in NRW keinen konkret beschriebenen Weg von der Ganztagsbetreuung hin zur Ganztagsbildung geben. Die Chance auf mehr Bildungsgerechtigkeit durch einen qualitativ hochwertigen Ganztag in NRW scheint in weite Ferne gerückt.
Anne Deimel, Landesvorsitzende
Der bisherige Erlass bleibt Grundlage des Handelns. Er wird weiterentwickelt und ausgeschärft im Hinblick auf einen eigenen Regelungsbereich für die Primarstufe.
„Der VBE NRW hat die Landesregierung vermehrt darauf hingewiesen, dass der Rechtsanspruch genutzt werden muss, um den Ganztag in den Grundschulen neu aufzustellen und verbindliche Qualitätsstandards zu definieren. Ohne verbindliche Vorgaben wird die Qualität des Ganztags abhängig vom Wohnort und damit zur Glückssache. Die Grundschulen werden Ganztage anbieten können, die den Haushaltslagen der jeweiligen Kommunen entsprechen. Und wir wissen alle, das Geld der meisten Kommunen ist knapp“, erklärt Anne Deimel.
Die Landesvorsitzende führt weiter aus: „Die Landesregierung argumentiert mit der Sicherstellung von Planungssicherheit, der Verlässlichkeit für die Familien und dem Wunsch nach Flexibilität der Träger und Kommunen, besonders im Bereich des Personals. Alle Gründe sind auf den ersten Blick verständlich, auf den zweiten Blick folgt Ernüchterung. Ein angekündigtes Ausführungsgesetz hätte ebenfalls sichere Grundlagen schaffen können, aber eben noch viel mehr. Aus unserer Sicht ist es weiterhin notwendig, sich gut aufzustellen und einen Plan zu entwickeln, wie ein guter Ganztag in 10 Jahren aussehen soll. Dafür sind anzustrebende Standards notwendig: Es geht beispielsweise um die maximale Gruppengröße, die Fachkraft-Kind-Relation, zugrundeliegende Qualifizierungen der Fachkräfte und auch um eine angemessene Bezahlung der Mitarbeitenden im Ganztag sowie nicht zuletzt um die Festlegung der notwendigen Quadratmeter pro Kind.“
Zum Erfordernis des gemeinsamen Bildungsverständnisses
In dem Passus zu den Merkmalen einer offenen Ganztagsgrundschule, die die Arbeit vor Ort konkretisieren, werden diese aktualisiert und ausgeschärft. Ein gemeinsames Bildungsverständnis aller Beteiligten vor Ort wird beispielsweise vorausgesetzt, Kooperationen mit außerschulischen Kooperationspartnern grundgelegt. „Diese Aspekte sind Merkmale einer offenen Ganztagsgrundschule. Sie scheitern leider oft an den fehlenden Ressourcen vor Ort. Die Erarbeitung eines gemeinsamen Bildungsverständnisses erfordert vor allem eins: Zeit“, erklärt Deimel.
Offene Ganztagsgrundschule als Status Quo
Die Landesregierung baut auf ein „Weiter so“ der offenen Ganztagsgrundschule. Diese Form des Ganztags ist bei vielen Schulen, Eltern und Kindern in NRW beliebt. Dennoch ist es nicht nachvollziehbar, dass der im Koalitionsvertrag angekündigte Weg zur Ermöglichung des gebundenen Ganztags aufgegeben wird. Eine gebundene Ganztagsschule kann die Basis sein für mehr Chancengerechtigkeit in unserem Schulsystem. Den Schulgemeinschaften sollte dieser Weg eröffnet werden. Weiterführende Informationen:
PM des Ministeriums für Schule und Bildung vom 02.07.2024
Merkmale einer offenen Ganztagsgrundschule
Gemeinsamer Aufruf „Gebundenen Ganztag an Grundschulen in NRW jetzt ermöglichen!“ (März 2024)
Starke Bildung. Starke Menschen.