VBE: Gebt den Schulen mehr Zeit!
Die Ergebnisse der heute (28.11.2025) veröffentlichten forsa-Schulleitungsumfrage zeigen eindrucksvoll, wie groß die Herausforderungen an den Schulen in Nordrhein-Westfalen sind: Die Aufgaben wachsen, doch zusätzliche Zeit oder personelle Unterstützung bleiben aus.
Die größten Probleme aus der Sicht der Schulleitungen
Der Lehrkräftemangel ist weiterhin das größte Problem – das sagen 58 Prozent aller Schulleitungen. Auffällig ist, dass 34 Prozent die Gebäude und Räume als größtes Problem ausmachen – dieser Wert liegt deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt (23 Prozent). Jede fünfte Schulleitung (20 Prozent) sieht in der Arbeitsbelastung und in dem generellen Zeitmangel ein gravierendes Problem. Damit wird deutlich: Den Schulen fehlt vor allem Zeit.
„Bildung ist Beziehung, Begegnung, Begleitung. Dafür braucht es Zeit. Wenn Personal fehlt, fehlt Zeit. Und Zeit ist genau das, was Kinder und Jugendliche am meisten benötigen: Sie brauchen Menschen, die sie sehen und unterstützen.“
Stefan Behlau, Vorsitzender des VBE NRW
Zugleich ist eine ausreichende Zeit für die vielfältigen administrativen und organisatorischen Aufgaben erforderlich – doch sie steht den meisten Schulleitungen kaum zur Verfügung. Nur eine von hundert Schulleitungen hält die derzeitige Leitungszeit für vollständig ausreichend. Drei Viertel (76 Prozent) bewerten die Leitungszeit als eher nicht oder gar nicht ausreichend und nahezu alle Befragten geben an, dass eine Erhöhung der Zeitbudgets für Leitung (98 Prozent) und mehr Anrechnungsstunden zur Erfüllung besonderer Aufgaben (94 Prozent) hilfreich wären.
„Leidenschaft ersetzt kein Personal. Idealismus füllt keine Lücken. Und Engagement ist keine Ressource. Wenn Schulleitungen ihre Arbeit langfristig gut machen sollen, brauchen sie mehr Zeit.“
Stefan Behlau, Landesvorsitzender des VBE
MSB-Maßnahmen: richtig gedacht, aber nicht ausreichend
Das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) hat zuletzt Entlastungsmaßnahmen angekündigt: den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, spezifische KI-Schulungen für Schulleitungen, eine zeitweise Rücknahme statistischer Abfragen sowie die Einrichtung einer neuen Arbeitsgruppe.
Der VBE bewertet diese Schritte konstruktiv, ordnet sie aber realistisch ein:
• KI kann unterstützen – aber Schulungen und neue Tools erfordern ebenfalls Zeit.
• Die Abschaffung vieler Abfragen ist sinnvoll – aber Bürokratieabbau ersetzt keine Leitungszeit.
• Eine Prozessüberprüfung ist richtig – aber Verwaltungseffizienz ersetzt kein Personal und keine Ressourcen.
„Digitale Werkzeuge können entlasten. Aber keine App ersetzt den Blick für Kinder und kein Tool ersetzt pädagogische Präsenz“, sagt Behlau.
93 Prozent der Schulleitungen empfinden politische Vorgaben als praxisfern
Die forsa-Daten zeigen neben der unzureichenden Leitungszeit eine Reihe weiterer Belastungen:
• 96 Prozent der Befragten belastet ein stetig wachsendes Aufgabenspektrum.
• 95 Prozent erleben die Anspruchshaltung, dass die Schule alle aufkommenden gesellschaftlichen Probleme lösen soll.
• 94 Prozent sagen, dass ihr Kollegium überlastet ist.
• 93 Prozent empfinden die politischen Vorgaben als praxisfern.
• 92 Prozent nennen ein mangelndes Zeitbudget als starke Belastung.
Hinzu kommt ein auffallend hoher Einsatz von Quer- oder Seiteneinsteigenden. Während bundesweit 67 Prozent der Leitungen angeben, dass an ihren Schulen Personen ohne vorhergehende Lehramtsqualifikation beschäftigt sind, sind es in Nordrhein-Westfalen sogar 81 Prozent.
„Diese Menschen sind gekommen, um zu bleiben. Entsprechende Fort- und Weiterbildungen sind nötig – und auch dafür muss den Schulen ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden. Nur dann kann eine gute Einarbeitung gelingen“, erklärt Behlau.
Schulleitungen benötigen mehr Leitungszeit, mehr Personal und verlässliche Strukturen
Die neuen Umfrageergebnisse zeigen eindeutig, welche Maßnahmen Schulleitungen als besonders wirksam für Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen ansehen. Besonders häufig werden folgende Verbesserungsbedarfe genannt:
• 98 Prozent fordern eine Erhöhung der Leitungszeiten.
• 94 Prozent wünschen mehr Anrechnungsstunden für besondere Aufgaben.
• 91 Prozent sehen eine Budgeterhöhung als (sehr) hilfreich an.
• 91 Prozent halten die Einrichtung bzw. Beibehaltung der erweiterten Schulleitung für notwendig.
• 90 Prozent benötigen eine bessere personelle Ausstattung mit pädagogischen Fachkräften (multiprofessionelle Teams).
Der Wunsch nach umfassenden Verbesserungen spiegelt sich auch in der Bewertung der nordrhein-westfälischen Schulpolitik wider, mit der 80 Prozent der befragten Schulleitungen unzufrieden sind.
„Die nötigen Stellschrauben sind seit Jahren bekannt, auch durch unsere Umfragen – Bildung gleicht einer Dauerbaustelle. Jetzt haben der Landtag mit der Enquetekommission „Chancengleichheit in der Bildung“ und das Schulministerium mit der Auswertung des Schulleitungs-Feedbacks ähnliche Punkte auf Papier gebracht. Es gibt kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Wir bleiben dran und setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass im Sinne der Schulen nicht bloß Schriftstücke gesammelt, sondern tatsächliche Maßnahmen zur Entlastung umgesetzt werden.“
Stefan Behlau, Vorsitzender des VBE NRW
Starke Bildung. Starke Menschen.
