Wichtige Antworten auf häufig gestellte Fragen
Hintergrund
Der VBE hat das Thema Gewalt in Schule vor Jahren aus der Tabuzone in die Öffentlichkeit geholt und dadurch viele Debatten sowie Gesetzesinitiativen angestoßen.
Zum Thema veröffentlicht der VBE regelmäßig Umfragen und bietet Hilfestellungen an.
Auf dieser Seite finden Sie wichtige Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Die FAQ-Seite ist federführend durch das Referat Hauptschule in Zusammenarbeit mit allen Referaten des VBE NRW sowie dem leitenden Justiziar des VBE NRW, Martin Kieslinger, entstanden.
Zu den Antworten gelangen Sie durch einen Klick auf die Frage.
Was ist „Gewalt“?
In Anlehnung an die Definition der WHO ist Gewalt „der tatsächliche oder angedrohte absichtliche Gebrauch von physischer oder psychologischer Kraft oder Macht, die gegen eine andere Person oder Personengruppe gerichtet ist und die tatsächlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod oder psychischen Schäden führt.“ Im soziologischen Sinne kann man Gewalt wie folgt kategorisieren:
1. Körperliche Gewalt
2. Psychische Gewalt
3. Androhung von Gewalt
4. Verbale Gewalt
5. Sexuelle Gewalt
6. Vandalismus/sächliche Gewalt
Sollte ich meine Schulleitung über Gewalterfahrungen informieren?
Ja, Sie sollten in jedem Fall die Schulleitung informieren, damit das Ausmaß ersichtlich wird und die Vorfälle gegebenenfalls an die Dienststelle und den Schulträger weitergeleitet werden können (Fürsorgepflichten des Arbeitgebers).
An wen wende ich mich als Schulleitung, wenn ich Gewalt erfahren habe?
Sie können sich an Ihr Krisenteam, Lehrerrat, Beratungslehrer oder Beratungslehrerin und auch Kollegium wenden, aber insbesondere sollten Sie den Vorfall Ihrem Dienstvorgesetzten im Schulamt oder der Bezirksregierung melden.
Sollte ich Gewalterfahrungen dokumentieren?
Eine persönliche Dokumentation eines Vorfalls ist immer sinnvoll. Wird ein Vorfall unmittelbar zur Anzeige gebracht, wird auch von der Polizei das Geschehen dokumentiert. Eine Dokumentation ist somit immer angeraten, wenn der Fall nicht unmittelbar zur Anzeige gebracht wird bzw. eine Verfolgung z.B. mittels einer Ordnungsmaßnahme erfolgt. Die Dokumentation ist dann sinnvoll, wenn sich ein Verhalten im Grenzbereich befindet und man die weitere Entwicklung zunächst abwarten möchte.
Der Vorfall sollte in jedem Fall im Unfallbuch der Schule für spätere Rückfragen offizieller Stellen (z.B. Bezirksregierung, Krankenkasse…) dokumentiert sein, da auch erst später durch Gewalterfahrungen jeglicher Form Folgen für den Betroffenen oder die Betroffene bis hin zur Arbeitsunfähigkeit auftreten können.
Kann ich gegen den Willen meiner Schulleiterin oder meines Schulleiters eine Ordnungsmaßnahme verlangen, wenn ich Gewalt von einem Schüler oder einer Schülerin erfahren habe?
Sie können Ihre Schulleitung dazu beraten. Ein Rechtsanspruch besteht aber nicht, da es in der Zuständigkeit der Schulleitung bzw. der Teilkonferenz liegt (§53 SchulG).
Kann ich eine Anzeige gegen Schülerinnen oder Schüler stellen?
Zu unterscheiden sind hier einmal die Strafanzeige und der Strafantrag. Als geschädigte Person, die Gewalterfahrung an der Schule erlebt hat, können Sie einen Strafantrag stellen. Eine Anzeige stellen Sie, um ein möglicherweise strafrechtliches relevantes Verhalten bei Behörden anzuzeigen, dazu müssen Sie nicht selbst der Geschädigte oder die Geschädigte sein.
Des Weiteren bedeutet das Stellen eines Antrages nicht, dass eine strafrechtliche Konsequenz für den Täter oder die Täterin erfolgt. Hier müssen diverse Fakten geklärt werden u.a. die Strafmündigkeit.
Wie immer gilt unabhängig vom Strafantrag und/oder Anzeige, dass schulische Maßnahmen, Paragraph 53 eingeleitet werden können. Zielführend ist ebenso die Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Jugendamt: Täterinnen und Täter sind häufig auch Opfer. Des Weiteren kann eine Gefährdungsansprache durch die Polizei erfolgen.
Als Mitglied des VBE können Sie sich zu den rechtlichen Fragestellungen direkt von einem unserer Justiziare beraten lassen.
Zudem hat die Schulleitung hierüber gemäß Allgemeiner Dienstordnung (BASS 21-02 Nr. 4) die Schulaufsichtsbehörde zu unterrichten. Diese stellt im Rahmen ihrer Fürsorge gegebenenfalls Strafanzeige oder Strafantrag. Von einer gefährlichen Körperverletzung ist zum Beispiel dann auszugehen, wenn die Körperverletzung mit einer Waffe, einem gefährlichen Werkzeug oder mit einem oder einer anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wurde. Dieses ist beispielsweise bereits beim Einsatz von Pfefferspray oder CS-Gas der Fall.
Müssen bestimmte Delikte zur Strafanzeige gebracht werden?
Der gemeinsame Runderlass „Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der Jugendkriminalität“ (BASS 18-03 Nr. 1) gibt vor, dass bei Verdacht auf Begehung eines Verbrechens die Schulleitung die Strafverfolgungsbehörden benachrichtigen muss. Dieses gilt zum Beispiel bei gefährlichen Körperverletzungen, erheblichen Fällen von Bedrohung oder Nötigung.
Wie kann ich vermeiden, dass meine Kontaktdaten bei einer Anzeige oder einem Strafantrag bekannt werden?
Die Weitergabe der Daten, die der oder die gegnerische Anwältin oder Anwalt durch Akteneinsicht bekommen kann, kann vermieden werden, indem entweder die Adresse der Schule angegeben wird, oder bei Delikten, die nicht nur von den Betroffenen selbst anzuzeigen sind, kann auch die Schulleitung die Anzeige stellen.
Man sollte dies vor Aufnahme der Anzeige oder des Strafantrages klären.
In jedem Fall kann man immer bei der Bezirksregierung einen Antrag stellen, indem man darum bittet, dass die Bezirksregierung das Verfahren unterstützt, indem ein behördliches Interesse an der Strafverfolgung bestätigt wird.
Habe ich ein Recht darauf, dass mein Schulleiter oder meine Schulleiterin oder Dienstherr oder Dienstherrin eine Anzeige gegen Schülerinnen oder Schüler stellt?
Nein, Sie haben keinen Rechtsanspruch darauf. Diese Möglichkeit besteht nur in Ausnahmefällen. In der Praxis wird die betroffene Person in aller Regel darauf verwiesen, selbst eine Anzeige zu stellen. Zuständig ist hierzu die Polizeibehörde am Wohnort des Betroffenen oder die Polizeibehörde am Schulstandort.
Ich kann an meiner Schule mit niemandem über meine Gewalterfahrung reden. Was kann ich tun?
In einigen Bezirksregierungen gibt es einen konkreten Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin für das Thema Gewalt an Schulen. Hier können Sie sich unabhängig von Ihrem schulischen Kontext beraten lassen.
Arnsberg: Herr Besa von Werden, hans-bernd.v-werden@bra.nrw.de
Köln: Julien Höck, julien.hoeck@brk.nrw.de
Münster: Carolin Siegeroth, Dezernentin mit der Generale Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lehrkräfte ist auch die Ansprechpartnerin zum Thema “Gewalt”, carolin.siegeroth@bezreg-muenster.nrw.de
Weitere Anlaufstellen für Menschen mit Gewalterfahrungen in Schule sind:
- Schulaufsicht beim Schulamt
- Personalrat
- Sprechzeit des BAD telefonische psychosoziale Beratung 24/7 erreichbar (0800 00 07 715)
- Schulpsychologische Beratungsstelle
- Soziale Ansprechpartnerinnen (SAP) für Lehrkräfte
Informationen zum Thema finden Sie auch in:
- Notfallordner: Die Neuauflage ist Anfang Mai 2023 den Schulen zugegangen.
- Krisenprävention: Handbuch für die Schulen in NRW
Gewalt gegen Lehrkräfte | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)
Gewalt darf kein Tabuthema sein! Jeder Kollege und jede Kollegin mit Gewalterfahrung benötigt die Unterstützung der Schulleitung und des Kollegiums.
Ein weiterer Schritt wäre, dass sie sich mit der Unterstützung einzelner aus dem Kollegium, der Schulleitung, des Lehrerrates, der schulpsychologischen Beratungsstelle oder auch der Schulaufsicht um eine Enttabuisierung des Themas an ihrer Schule bemühen.
Hinweis: Als VBE-Mitglied haben Sie mehr Beratungsmöglichkeiten
Ich habe Gewalt erfahren, soll ich das als Dienstunfall anzeigen?
Ja, das sollten Sie tun. Unabhängig davon, ob die Erfahrung physischer oder psychischer Gewalt war. Der Dienstunfall setzt einen Körperschaden voraus und umfasst sowohl physische als auch psychische Verletzungen. Insbesondere im Zuge zu befürchtender bleibender Schäden oder Folgeschäden sollte grundsätzlich ein Antrag auf Anerkennung der Verletzung als Dienstunfall gestellt werden. Auf den jeweiligen Homepages der Bezirksregierungen gibt es allgemeine Informationen zum Thema Dienstunfall.
Es ist ratsam, nach einem Vorfall einen Arzt aufzusuchen und den Dienstunfall somit auch von dieser Seite dokumentieren zu lassen.
In manchen Bezirksregierungen gibt es einen konkreten Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin für Gewalterfahrungen. Hier können Sie sich auch zum Thema Dienstunfall beraten lassen.
Arnsberg: Herr Besa von Werden, hans-bernd.v-werden@bra.nrw.de
Köln: Julien Höck, julien.hoeck@brk.nrw.de
Münster: Carolin Siegeroth, Dezernentin mit der Generale Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lehrkräfte ist auch die Ansprechpartnerin zum Thema “Gewalt”, carolin.siegeroth@bezreg-muenster.nrw.de
Wo erhalten wir Hilfe, wenn wir als Kollegium uns in der Schule mit dem Thema Gewalterfahrungen auseinandersetzen wollen?
Es gibt viele Möglichkeiten, ein Konzept für eine „gewaltfreie Schule“ auf den Weg zu bringen. Wichtig hierbei ist, dass der Weg das Ziel ist. Alle an der Schule Beteiligten können und sollten aktiv miteinbezogen werden, Kollegen und Kolleginnen, Eltern, die Schülerschaft und die Schülervertretung (SV). Beginnen Sie mit interessierten Kollegen und Kolleginnen.
Laden Sie sich Experten von der schulpsychologischen Beratungsstelle und/oder der Polizei ein. Hospitieren Sie an Schulen mit einem guten Konzept.
Regen sie den Aufbau eines Krisenteams an, Hinweise finden sie im Ordner Krisenpräventionsordner:
Notfallordner – Hinsehen und Handeln | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)
Hier bietet sich auch an eine/n festen Ansprechpartner*in für die Polizei zu installieren.
Erlass „Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der Jugend-kriminalität“
Wo finde ich Fortbildungen?
Der VBE bietet über das Bildungswerk verschiedene Veranstaltungen zur Gewaltprävention, Umgang mit schwierigen SuS und Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst an.
Literatur
Broschüre: Gewalt gegen Lehrkräfte der Bezirksregierung Münster
Gewalt gegen Lehrkräfte | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)
Starke Bildung. Starke Menschen.